Hollow Knight begegnete mir erstmals als Beta-Version im Humble Bundle Monthly im Februar 2017. Starker Artstyle und generell, ich liebe Metroidvanias. Folgerichtig sollte ich doch ein Hollow-Knight-Fan sein, oder? „Sollte“ – Abseits der Optik und Atmosphäre hat die Demo mich zu keinem Zeitpunkt beeindruckt. Erst später im Jahr 2018, als das Internet bereits schockverliebt war, habe ich es mir für die Nintendo Switch gekauft – etwas später sogar auf PC. Aber Durchgespielt? Nie.
Movement war mir insgesamt zu träge, zu schwammig. Plattforming und Level-Design dadurch ein Mittel zum Zweck. Die Kämpfe, gerade zu Beginn des Spiels, folgen einem strikten „Warten und Zuschlagen“-Muster. Der Flow ist für meinen Geschmack zu reaktiv. Das Problem war nie, dass ich nicht wusste, was zu tun ist. Das Problem war, dass ich keine Lust hatte, zu warten. Und das fühlt sich eher nach dem Ausnutzen einer Charakterschwäche an als wirkliche Gameplay-Herausforderung. Das mag für viele funktionieren. Für mich hat es jedoch nicht zum Spielspaß beigetragen. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau: Hollow Knight ist ein gutes Spiel. Manchmal sogar sehr gut. Dass es aber als Meisterwerk gilt, verdankt es eher seinen Vibes und seinem Stil als dem Gamedesign.
Silksong verändert alles: Movement wird zum Flow
Entsprechend gleichgültig war mir, dass sich der Release von Silksong Jahre hinzog. Ist halt dieser kleine DLC, der irgendwann erscheint, oder? Ich meine das kurze Spinoff, das nächstes Jahr erscheinen wird? Okay, sorry, ich meine das vollwertige Sequel, welches vor 5 Jahren angekündigt wurde. Während Teile des Internets bei jedem Gerücht über ein Release-Datum den Verstand verloren, ging mein Leben unberührt weiter. Naja, bis letzten Donnerstag. Ich hatte Lust auf etwas Neues und kaufte mir ohne wirkliche Erwartungshaltung die Switch 2 Edition.
Nach 7 Stunden Spielzeit lässt sich Folgendes sagen: Silksong ist durch und durch ein Hollow-Knight-Game. Das Intro wiederholt die vertrauten Schritte des Originals, diesmal mit Hornet als Protagonistin. Springen, Klettern, Kämpfen – die Grundpfeiler sind dabei dieselben. Sie schlägt mit ihrer Nadel zu, heilt sich mit Silk-Binds und erforscht eine unbekannte Welt. Auf dem Papier kennt man das alles. Die großen Unterschiede sind im Detail – mit mächtigen Implikationen. Downward-Strikes sind nun immer diagonal und automatisches Ledge-Grabbing verhindert Stillstand beim Plattforming. Egal, ob Durchqueren der Welt oder im Kampf gegen andere Käfer: Hornet will immer in Bewegung sein. Wie ein frischer Wind nach dem Original, welches im Vergleich starr wirkt.
Bewegung & Kampf in Silksong: schnell, lesbar, aggressiv
Mit diesen Unterschieden ergibt sich ein neues Spielgefühl. Schneller, viel aggressiver. Die Rollen sind fast schon getauscht. Statt abwartend und reagierend in Kämpfe zu gehen, heißt es jetzt angreifen und agieren. Hornet ist eine Jägerin und spielt sich auch so. Wo Hollow Knight noch Geduld war, ist Silksong Aggression. Ein falscher Move und man steht offen für einen Konter. Das zeigt sich vor allem an der Heil-Mechanik im Spiel. Im Unterschied zu Hollow Knight ist Hornet während des Silk-Binds im Animation-Lock und schutzlos. Einmal gestartet, gibt es keine Chance, auszuweichen, oder anders zu verteidigen. Bedeutet aber nicht, dass man nun ständig auf der Suche nach einem Moment Ruhe sein muss, um Hornet zu heilen. Man muss nur die Fähigkeiten des Gegners einschätzen können. Ein Beispiel: Gegner, die hauptsächlich horizontal auf dem Boden attackieren? Ein Sprung in die Luft reich aus – denn während des Silk-Binds schwebt Hornet auf der Stelle.
Aber was, wenn man den Bosskampf trotzdem nicht schafft? Das Grundprinzip bleibt frustrierend vertraut: Respawn am letzten Speicherpunkt, Rückweg zum Boss, nochmal versuchen. Ein großer Frustrationspunkt für einige. Klar, eine Niederlage soll wehtun. Aber nicht abschreckend sein. Silksong versucht, dieses Problem auf zwei Ebenen anzugehen. Etwas direkter und etwas indirekter. Zum einen ist – wie angesprochen – das Movement völlig überarbeitet. Abseits von Ledge-Grabbing und Downward-Strikes erhält man früh im Spiel die Fähigkeit, zu sprinten – und etwas später die Fähigkeit zu gleiten. Damit können größere Strecken schneller zurückgelegt werden. Und platzierte Gegner lassen sich umlaufen oder gar zur schnelleren Fortbewegung nutzen. Der Weg zurück zum Boss ist also keine reine Notwendigkeit mehr. Es macht sogar Spaß. Und der Unterschied ist spürbar: Statt etwas genervt den Marsch zurück zum Bossraum anzutreten, passiert etwas Interessantes. Der Rückweg wird zur Mini-Speedrun-Challenge, bei der ich immer mehr über Hornets Movement lerne.
Tod, Silk-Cocoon und Rosaries: Risiko mit Sinn
So viel zum „indirekten Fix“. Der direkte ist, naja, direkter: Silksong bestraft nicht länger doppelt. Statt ein kampfbereiten Shade hinterlässt man nun am Sterbeort einen Silk-Cocoon. Zerstört man es, erhält man Rosaries (ersetzen Geo als Währung) und eine komplette Silk-Gauge zurück. Da man durch den Rückweg meist schon volles Silk besitzt, entsteht eine spannende Entscheidung. Cocoon sofort zerstören und Rosaries sichern? Oder warten, bis man sich heilen muss, und es dann als sofort Silk-Nachschub nutzen? Natürlich in der Gefahr, vorher zu sterben und alle Rosaries komplett zu verlieren? Jedenfalls eine bedeutend interessantere Fragestellung als „Oh, du bist gestorben? Wie wäre es mit einem Gegner mehr im Raum?“
Kleinigkeiten, die bleiben: Hornet, Quests, Crest, Bell Beast
Abseits davon macht Silksong noch viele andere Kleinigkeiten richtig. Hornet ist nicht stumm, sondern mit der Zunge genauso scharf wie mit der Nadel. Das Questsystem gefällt bisher. Bell Beast ist ziemlich niedlich. Das Crest-System für Ausrüstung wirkt vielversprechend, auch wenn ich erst die Grundlagen kenne. Ein cleveres Detail: Nur Gegner, bei denen es Sinn ergibt, dass sie Rosaries haben, lassen auch welche fallen. Was Geld mitunter rar machen kann.
Und das sind meine Eindrücke von Hollow Knight Silksong nach ungefähr 7 Stunden Spielzeit. Spannendste Erkenntnis? Silksong macht Spaß und ist für mich bisher auf dem Weg, das Spiel zu werden, was Hollow Knight in den Augen anderer immer war. Und damit zurück ans Spielen.